Aus der Geschichte der ältesten Direktorenkonferenz der Schweiz: von der Gründung bis zum Ende der 1960er-Jahre
2022 feiert die EDK ihr 125-jähriges Jubiläum. Wir nehmen es zum Anlass, die Geschichte der ältesten Direktorenkonferenz der Schweiz in kurzen Artikeln nachzuzeichnen. Es ist keine chronologisch vollständige Darstellung, sondern eine punktuelle Auswahl von einzelnen Beschlüssen oder Geschehnissen. Im ersten Beitrag präsentieren wir vier Geschichten aus der Zeit von der Gründung (1897) bis zum Ende der 1960er-Jahre.
Die Gründung der EDK fällt in eine Zeit, als das Volksschulwesen in der Schweiz bereits auf einige Jahrzehnte zurückblicken kann. In der Tat kennt die Schulbildung zwar eine lange Geschichte, die öffentliche Volksschule – verstanden als «Schule für alle» – ist hingegen ein Thema des 19. Jahrhunderts. Sie finanziert sich über Steuergelder und steht unter staatlicher Aufsicht.
Dorfschule im Tessin um 1920 / Bildnachweis: Schweizerisches Nationalmuseum LM-79509.21, Foto: Rudolf Zinggeler
Auch wenn einzelne Kantone bereits ab den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts die Schulpflicht in ihren kantonalen Erlassen aufnehmen, sind noch viele Hindernisse zu überwinden. Familien und Gemeinden sträuben sich vielerorts gegen die verordnete Schulpflicht, nicht zuletzt auch aufgrund der Kinderarbeit in Landwirtschaft und Fabriken. 1874 findet die Schulpflicht dann auch Eingang in die Bundesverfassung. 1897 treffen sich die kantonalen Erziehungsdirektoren zu ihrer Gründungssitzung in Luzern und diskutieren über die Subventionierung des Primarunterrichts durch den Bund.
«Zur Behandlung gemeinsamer, die Schule und Jugenderziehung beschlagender Fragen, sowie im Interesse gegenseitiger Fühlungnahme versammeln sich die Vorsteher sämtlicher kantonaler Erziehungsdepartemente wenigstens einmal jährlich.»
So lautet Paragraph eins der Bestimmungen, welche die EDK 1899 verabschiedet und die bis in die 1960er-Jahre die Funktionsweise der Konferenz reglementieren werden. Er umschreibt sehr gut das Selbstverständnis der EDK: Die Konferenz versteht sich als Instrument zum Austausch, zur gegenseitigen Verständigung und zur Diskussion verschiedenster bildungspolitischer Fragen. So ist denn die Geschichte der EDK während der ersten 70 Jahre ihres Bestehens in erster Linie eine Geschichte ihrer Traktanden. Die Traktandenliste von 1901 veranschaulicht exemplarisch die Breite der Themen.
Kreisschreiben für die Sitzung vom 27. August 1901 mit der Traktandenliste
Zu den in dieser Zeit mehrfach vorkommenden Themen gehören etwa der schweizerische Schulatlas, die Herausgabe des Unterrichtsjahrbuchs, die Schweizer Schulschrift, die Rechtschreibung, der Verkehrsunterricht in der Schule, der Wandschmuck in der Schule, der hauswirtschaftliche Unterricht, Kino und Film in der Schule, die gymnasiale Maturität oder verschiedene Lehrmittelfragen.
«Doch vermögen diese ausländischen Produkte unsern Schulen nicht vollständig zu genügen, weil sie die Darstellung der Schweiz viel zu wenig berücksichtigen und dagegen das Ausland (Deutschland) in viel zu einlässlicher Weise behandeln.»
In einem Kreisschreiben an die kantonalen Erziehungsdirektoren legt der Kanton Zürich 1898 dar, warum ausländische Atlanten aus seiner Sicht für die Schweizer Schulen nicht geeignet sind. Im gleichen Jahr beschliessen die kantonalen Erziehungsdirektoren, einen Schweizer Schulatlas erstellen zu lassen und diesen auch gemeinsam herauszugeben. Der definitive Publikationsentscheid folgt 1900.
Die deutsche Erstausgabe erscheint 1910, die französische 1912, die italienische folgt 1915. Seither haben Generationen von Schülerinnen und Schülern mit dem Schweizer Weltatlas gearbeitet. Das Werk wird auf der Sekundarstufe I und II zum Standardlehrmittel im Fach Geografie. Die aktuelle Druckausgabe datiert von 2017. Eine Onlinewelt mit zusätzlichen Materialien und interaktiven Tools ergänzt heute die gedruckte Version. Zur Website Schweizer Weltatlas
«In einem Bundesstaate, wie die Schweiz einer ist, nimmt es sich sonderbar aus, dass die Kantone die Lehrer sperren.»
An der Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren vom 23. Oktober 1926 in Genf ist Regierungsrat Dr. Johann Jakob Tanner (AR) einer der Votanten, der sein Unverständnis darüber ausdrückt, dass zwischen den Kantonen keine Freizügigkeit im Lehrerberuf herrscht. Vielfach müssen ausserkantonale Anwärter auf einen Lehrposten gar erneut eine Prüfung ablegen, um zugelassen zu werden.
Schule in Kien um 1942 / Bildnachweis: Burgerbibliothek Bern, N Eugen Thierstein 343/8
Die Freizügigkeit des Lehrkörpers wird mehrmals in der Konferenz diskutiert, so auch 1926. Damals hat die Frage eine besondere Aktualität, denn in einigen Kantonen herrscht «Lehrerüberschuss, zum Teil sehr empfindlicher» (Protokoll vom 23.10.1926). Wie bereits bei den früheren Aussprachen erweisen sich die Hindernisse – also konfessionelle, sprachliche und politische Unterschiede beim Lehrkörper – aber letztlich als zu gross, um sich auf eine schweizweite Praxis zu einigen. So wird weiterhin auf den bilateralen Weg gesetzt und zwischen zahlreichen Kantonen entstehen entsprechende Abmachungen.
«Täglich stossen wir ja in unserem Amt auf Probleme, bei denen wir gern wissen möchten, wie sie in andern Kantonen gelöst sind.»
Regierungsrat Dr. Fritz Stucki (GL) spricht 1962 in Genf an der Einweihungsfeier über die Aufgaben der Zentralen Informationsstelle für Fragen des Schul- und Erziehungswesens (CESDOC). Die Informationsstelle ist die erste Institution der EDK, gegründet wird sie zusammen mit dem Bund. Ihre Gründung zeigt, dass dem Wissensaustausch in Schulfragen und der Sammlung von Informationen zum schweizerischen Schulwesen schon früh eine grosse Bedeutung zukommt. Seit 1994 wird die Stelle als Informations- und Dokumentationszentrum IDES von der EDK geführt und ist dem Generalsekretariat angegliedert.
Der Gründung des CESDOC folgen weitere Institutionen. Heute führt die EDK fünf Institutionen, zwei davon zusammen mit dem Bund.
Artikelserie 125-jähriges Jubiläum der EDK
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