Autorin: Susanne Hardmeier, Generalsekretärin
Die Kantone sind Teil des Bildungsraums Schweiz und nehmen die verfassungsmässige Verantwortung für Qualität und Durchlässigkeit wahr. Und der Bund? Von Susanne Hardmeier.
Die EDK hat sich an ihrer Jahresversammlung ein neues Tätigkeitsprogramm gegeben. Die Kantone sind Teil des Bildungsraums Schweiz und nehmen ihre verfassungsmässige Verantwortung für Qualität und Durchlässigkeit wahr. Und der Bund?
An ihrer Jahresversammlung in Appenzell hat die EDK ihr Tätigkeitsprogramm für die kommende Progammperiode verabschiedet. Darin sind alle Aufgaben enthalten, die die kantonalen Erziehungsdirektorinnen und -direktoren der EDK übertragen. Sie stellen ihren Auftrag unter Leitlinien, die die Aspekte der Bildungsqualität und der Chancengerechtigkeit ebenso hervorheben wie den Föderalismus und die Zusammenarbeit:
Diese Leitgedanken setzen sich in der Gliederung des Tätigkeitsprogramms fort: Die Aufgaben der EDK werden den sechs Themenbereichen «Föderalismus und nationale Kohäsion», «Aufbereitung, Pflege und Verbreitung von Wissen», «Bildungsgerechtigkeit», «Durchlässigkeit und Qualität», «Finanzierung und Freizügigkeit» sowie «Internationale Zusammenarbeit» zugeordnet. Diese Gliederung unterstreicht das Wesen der EDK: Es sind die Kantone, die das Schulwesen, die Kultur und die Sportförderung verantworten. Die EDK kommt dort ins Spiel, wo ein Zusammengehen auf nationaler Ebene Sinn macht und gemeinsam beschlossen wurde.
Die Aufgaben der Kantone und der EDK sind im Kontext der Bildungsverfassung zu sehen: «Bund und Kantone sorgen gemeinsam im Rahmen ihrer Zuständigkeiten für eine hohe Qualität und Durchlässigkeit des Bildungsraums Schweiz». Dies verlangt die Bundesverfassung in Artikel 61a. Die Verfassung verteilt in den darauffolgenden Artikeln die Zuständigkeiten – den Kantonen (Schulwesen), dem Bund (Berufsbildung, Forschung) oder Bund und Kantonen gemeinsam (Hochschulen).
Die gemeinsame Sorge nehmen Bund und Kantone wahr, indem sie regelmässig gemeinsame bildungspolitische Ziele definieren, gemeinsam ein Bildungsmonitoring betreiben, in zentralen Themenbereichen gemeinsam Fachagenturen führen und auf Fachebene eng zusammenarbeiten. Die gemeinsame Sorge für Qualität und Durchlässigkeit prägt die Bildungszusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen seit bald zwei Jahrzehnten. Sie hat Verfassungsrang und bietet den Boden für das hervorragende Bildungssystem der Schweiz.
Die Kantone setzen den Verfassungsauftrag in ihrem Zuständigkeitsbereich um. Sie nehmen ihre Verantwortung wahr: jeder für sich, in regionalen Zusammenarbeitsformen oder gesamtschweizerisch durch ihre Konferenz, die EDK. Sie tragen rund 80 Prozent der Ausgaben der öffentlichen Hand für den Bildungsraum Schweiz.
Mit der Botschaft zur Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI-Botschaft) hat das Bundesparlament in der vergangenen Session aufgrund einer Analyse der sich stellenden Herausforderungen die künftigen Schwerpunkte, Ziele und Massnahmen formuliert und dafür rund 29,3 Milliarden Franken eingestellt. Mit dieser Botschaft kann der Bund seine Verantwortung und verfassungsmässige Verpflichtung für den Bildungsraum Schweiz wahrnehmen. Würde man meinen. Im Rahmen des Sparpakets zirkulieren nun nämlich gleichzeitig Vorschläge für einen Rückzug des Bundes aus seiner verfassungsmässigen Verantwortung. Die Vorschläge entfalten im Hochschulbereich auch bereits eine höchst schädliche Vorwirkung.
Die Expertise, die gemäss Bundesrat in den Expertenbericht geflossen ist, mag diejenigen überzeugen, die einer kurzfristigen Sparlogik folgen. Die verfassungsrechtliche Expertise vermisst man aber bei der Lektüre der Vorschläge: Die Bildungsverfassung, die für den Bund ebenso verpflichtend ist wie für die Kantone, wurde vollkommen ausser Acht gelassen. «Eine langfristig und gesamtheitlich ausgerichtete Förderung von Bildung, Forschung und Innovation (BFI) ist einer der Erfolgsfaktoren der Schweiz.» hielt der Bundesrat in der BFI-Botschaft fest. Wenn es nach dem Expertenbericht geht, der Grundlage für das Sparpaket bildet, macht der Bund sich aber gerade auf den Weg, sich aus seiner verfassungsmässigen Verantwortung zu stehlen und diesen Erfolgsfaktor zu verspielen. Die Kantone werden den Bund an seine verfassungsmässige Pflicht erinnern.